Red Dead Redemption - Test
Bereits 2004 schickte uns das Team von Rockstar San Diego mit Red Dead Revolver in den Wilden Westen.
Von Christoph Miklos am 01.06.2010 - 01:08 Uhr

Fakten

Plattformen

Xbox 360

PlayStation 3

Publisher

Rockstar Games

Entwickler

Rockstar San Diego

Release

21.05 2010

Genre

Action

Typ

Vollversion

Pegi

18+

Webseite

Media (73)

GTA-Gameplay & Cowboy-Action

Bereits 2004 schickte uns das Team von Rockstar San Diego mit Red Dead Revolver in den Wilden Westen. Der Titel blieb trotz toller Atmosphäre hinter den Erwartungen vieler Fans. Schwächen beim Gameplay und eine angestaubte Grafik trübten den Gesamteindruck. Den erhofften Toptitel konnte man im besten Fall als sehr gutes Actionabenteuer abstempeln. Vier Jahre Entwicklungszeit und (angeblich) 100 Millionen US-Dollar später steht nun mit Red Dead Redemption der (mögliche) GTA IV-Killer in den Händlerregalen. Wir haben das Western-Epos getestet!
Die Story
Red Dead Redemption spielt 1911 gegen Ende des Wilden Westens im amerikanisch-mexikanischen Grenzgebiet. Man schlüpft in die Rolle von John Marston, einen ehemaligen Gesetzlosen, der sich mit seiner Familie niedergelassen hat. Kurz darauf entführen Agenten einer Bundesbehörde namens „Bureau“ Marstons Frau und seinen Sohn und erpressen ihn, seine ehemaligen Bandenmitglieder, darunter den Anführer Bill Williamson, dingfest zu machen oder zu töten. Dazu reist Marston in den (fiktiven) amerikanischen Bundesstaat „New Austin“, wo sich Williamson versteckt hält. Der erste Versuch Marstons, Williamson auszuschalten, schlägt fehl. Und genau nach dieser Sequenz übernehmen wir das „Steuer“ des Ex-Outlaws.
Missionen und Aufträge
Wer es sich einfach machen will, bezeichnet Red Dead Redemption einfach als Cowboy-GTA. Und tatsächlich kennt man den grundsätzlichen Spielablauf bereits aus Rockstars Gangster-Reihe: Auf der riesigen Übersichtskarte der Spielwelt sind diverse Auftraggeber markiert, bei denen sich John Missionen abholen kann. Mal muss er lediglich der Rancherin Bonnie bei der Hasenjagd in den Kohlfeldern helfen, mal mit dem Marshall Banditen jagen, mal einen Waffenkonvoi der mexikanischen Regierung mit auf der Straße ausgelegten Sprengladungen sabotieren. In manchen Missionen wird nur geritten oder gefahren, oft geht es aber um Ballereien. Die Shootouts funktionieren -dank Deckungssystem- ziemlich taktisch, lediglich die KI der Gegner ist etwas dürftig. Zwar verstecken auch sie sich hinter Felsen und Kisten, irgendwann taucht aber ihr Kopf oder ein Arm auf und Marston braucht nur noch abzudrücken. Die (regelbare) Zielhilfe sorgt zudem dafür, dass John nicht allzu oft danebenschießt.
Die Charaktere
Red Dead Redemption ist das bislang ernsteste Rockstar-Spiel. Ok, auch GTA IV hatte einige harte Passagen auf Lager, doch hatten diese immer etwas ironisch an sich. Sei es nun durch die überzeichneten Charaktere oder die witzigen Dialoge. Ganz anders in Red Dead Redemption: Die Charaktere entsprechen zwar größtenteils gängigen Westernklischees, ihnen fehlt aber oft das karikaturhafte der GTA-Figuren. Das gilt auch für die Dialoge.

Großer "Sandkasten"

Große Spielwelt
Immer wieder entdeckt ihr auf der Übersichtskarte von New Austin Fragezeichen. Wer jetzt einen Wegpunkt darauf setzt und sich vom Cowboy-GPS (funktioniert 1:1 wie das Navigationssystem in GTA IV) hinführen lässt, stößt auf einen so genannten Fremden. Das sind Nebencharaktere, auf die John oft mehrmals im Spiel trifft und die ihn um Hilfe bitten. Da ist zum Beispiel ein New Yorker Reporter, den Marston immer wieder aus brenzligen Situationen raus hauen muss. Oder die Prostituierte Eva, die ihrem brutalen Zuhälter entkommen will und dabei Hilfe braucht. Helft ihr diesen Leuten hagelt es nicht nur Geld, sondern auch Ruf- und Ehrenpunkte. Mit dem verdienten Geld kann man in den zahlreichen Läden von New Austin einkaufen. Im General Store gibt es etwa Patronengürtel (höhere Munitionskapazität), Karten der Umgebung oder Besitzurkunden für Pferde (schnellere Gaule). Der Arzt dagegen führt Medizin. Und der Waffenschmied hat diverse Knarren zur Auswahl. Die sind allesamt authentisch und im Vergleich zu modernen Waffen eher unspektakulär, erfüllen aber ihren Zweck. Wie groß das Angebot in den Läden ist, hängt von Marstons Ruf ab - berühmte Cowboys haben eben mehr Auswahl als irgendwelche unbekannten Outlaws. Noch ein paar Worte zu den Ehrenpunkten. Diese bekommt man nur für „gute Werke“. Diese sind vor allem dann wichtig, wenn ihr aus Versehen (oder absichtlich) doch mal ein Verbrechen begeht und etwa einen einfachen Bürger erschießt. Ehrenhaften Helden lässt man so etwas eher durchgehen und das Begnadigungs-Geld (zu bezahlen an den Telegrafenstationen) fällt deutlich geringer aus. Um für Abwechslung vom Wüstenalltag zu sorgen, schicken euch die Entwickler im letzten Drittel noch ins nördliche New Elizabeth, das mit deutlich milderem Klima gesegnet ist. Hier dominieren Tannenwälder und verschneite Gebirgspfade das Landschaftsbild und die Städte können bereits einen Hauch von Zivilisation vorweisen. Von der blutigen Revolution in Mexiko (bei der ihr natürlich kräftig mitmischt) oder dem schwelenden Konflikt zwischen Banditen und Farmern in New Austin ist hier nur wenig zu spüren.
Wer braucht schon Autos?
Unglücklicherweise könnt ihr, anders als etwa in GTA IV, die Qualität eines beweglichen Untersatzes nicht auf Anhieb erkennen. Während man einen Sportwagen in einem urbanen Setting eben schon von weitem als solchen identifizieren kann, tut man sich bei der Einschätzung der Pferde in Red Dead Redemption anhand fehlender Erkennungsmerkmale oft schwer. Abgesehen davon sind die Pferde dank hervorragender Animationen und gelungener Steuerung eine wahre Freude. Auch nach Stunden im Sattel werden die Ausritte nicht langweilig. Aber Vorsicht: Marston sollte seinen Klepper nicht zu sehr die Sporen geben, sonst bockt das Tier oder kann sogar an Erschöpfung sterben. Sollte euer Gaul mal erschossen werden, pfeift ihr einfach nach einem neuen oder fangt per Lasso einen wilden Mustang ein. Alternativ kann man auch die Postkutsche oder die Eisenbahn zum Reisen nutzen. Hektische Cowboys schlagen lieber irgendwo in der Prärie ihr Lagerfeuer auf. Dort könnt ihr dann nicht nur speichern, sondern auch die Schnellreisefunktion bemühen und bereits besuchte Orte fix und kostenlos anspringen.
Waffen und Dead-Eye
In Red Dead Redemption stehen euch verschiedene Waffen zur Verfügung. Dazu gehören Schrotflinten, Kanonen, Gatling-Gewehre, Revolver, Messer, Sprengstoff oder ein Lasso (zum unblutigen Erledigen von Feinden). Im Kampf kann John Marston Gegner mit der "Dead-Eye" Zielvorrichtung ausschalten. Diese erlaubt euch für eine kurze Zeit die Geschwindigkeit des Spielablaufs zu verlangsamen, um dann einen oder mehrere Zielpunkte auf einzelnen oder mehreren Gegnern zu platzieren. Anschließend werden markierte Ziele automatisch unter Beschuss genommen. Wie in aktuellen Shootern heilt sich der Held automatisch, sobald er in Deckung geht und für ein paar Sekunden verschnauft.

Ein verdammt schöner Titel

Nebenmissionen
Abseits der Storyaufträge und Nebenjobs bietet RDR massig „Sonstiges“. Da wären zum Beispiel: Kopfgeldmissionen, Duelle, Helden-Outfits, Schatzkarten, Gangster-Verstecke-Ausheben, Pokern, Würfeln, Hufeisenwerfen, Pferde zureiten und vieles(!) mehr. Manche dieser Aktivitäten sind sehr gut gelungen (Pokern, Pferde zureiten), manche weniger (Würfeln, Hufeisenwerfern), sie alle im Detail zu beschreiben würde aber den Rahmen des Tests sprengen und euch außerdem die Freude am Entdecken nehmen.
Technik
Red Dead Redemption nutzt Rockstars eigene Rockstar Advanced Game Engine -kurz RAGE- und bietet eine vollkommen offene Spielwelt, in der neben den Siedlungen an der Grenze zum Westen auch die von Tieren bevölkerten und von grasbewachsenen Hügeln durchzogenen Prärien sowie Gebirgspässe voller Gefahren darauf warten, vom Spieler erkundet zu werden. Die Entwickler gehen sogar einen Schritt weiter: Ein regelrechtes Ökosystem sorgt dafür, dass Raubtiere Jagd auf Kleinvieh (oder auch auf euch) machen, Geier über Leichen kreisen oder Klapperschlangen im Steppengras euer Pferd so erschrecken, dass es euch abwirft. Fantastisch! Positiv erwähnenswert sind auch die glaubwürdigen Animationen, feschen Effekte und detaillierten Charaktere. Abgerundet wird dieses Spektakel von einer stimmigen Hintergrundmusik sowie ordentlichen Sprechern, die es aber leider nur auf Englisch gibt.
Multiplayer
Der neuste Rockstar-Titel bietet nicht nur ein fantastisches Soloabenteuer, sondern auch einen extrem unterhaltsamen sowie umfangreichen Mehrspieler-Part. Neben den üblichen Standardmodi (Capture the Flag bzw. Goldsack, Team-Deathmatch etc.) verspricht vor allem der Koop-Modus Spaß: Gemeinsam mit bis zu sieben Kumpels erkundet ihr die Singleplayer-Welt, geht gemeinsam auf die Jagd oder nehmt Gangster-Verstecke aus. Das garantiert Spielspaß weit über die ohnehin schon üppige Solo-Spielzeit hinaus.

Fazit und Wertung

Christoph meint: Ein Meisterwerk - und mein persönlicher Topanwärter für das Spiel des Jahres 2010!

Red Dead Redemption ist ganz großes (Action)Kino! Erneut verwöhnen uns die Entwickler von Rockstar mit einer tollen Story, imposanten Technik und glaubhaften sowie großen Spielwelt. Selbst nach dem 20-stündigen Soloabenteuer bietet der Titel dank zahlreicher Mini-Aufgaben und einem unterhaltsamen Multiplayer ausreichend Material für weitere 20-30 Stunden Spielspaß. Dazu kommt, dass etliche Bedienungsmängel der GTA-Titel (Rücksetzpunkte in den Missionen) ausgemerzt wurden und das Spiel dadurch deutlich runder wirkt. Kritikpunkte? Ja, die gibt es auch. Doch kann man über diese -aufgrund der immens vielen positiven Aspekte- getrost hinwegsehen.

100%
Grafik
9
Sound
9
Bedienung
10
Spielspaß
10
Atmosphäre
10
Multiplayer
9
Preis/Umfang
10
Richtig gut
  • dynamischer Tag-/Nachtwechsel
  • Landschaft
  • hohe Weitsicht
  • Animationen
  • Lichteffekte (HDR)
  • Tiere
  • top Sprachausgabe
  • stimmiger Soundtrack
  • passende Waffengeräusche
  • dichte Atmosphäre
  • spannende Story(Aufgaben)
  • viele Nebenmissionen
  • Deckungssystem
  • Reiten funktioniert einwandfrei
  • viel zu entdecken
  • große Spielwelt
  • üppige Spielzeit
  • unterhaltsamer Multiplayer
Verbesserungswürdig
  • seltene Grafik- und Clippingfehler
  • Musik wiederholt sich auf Dauer
  • nur englische Sprache (mit dt. Untertitel)
  • schwache KI
Anforderungen
• Sony PlayStation 3 Konsole
• Microsoft Xbox 360 Konsole
Getestet für
• Sony PlayStation 3 Konsole
• Microsoft Xbox 360 Konsole
Christoph Miklos ist nicht nur der „Papa“ von Game-/Hardwarezoom, sondern seit 1998 Technik- und Spiele-Journalist. In seiner Freizeit liest er DC-Comics (BATMAN!), spielt leidenschaftlich gerne World of Warcraft und schaut gerne Star Trek Serien.

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