Pillars of Eternity II: Deadfire - Test/Review
Große Publisher reden noch immer davon, dass das Singleplayer-Genre ohne Lootboxen tot sei? „Hold my beer“, denkt sich Entwickler Obsidian Entertainment!
Von Lars Hack am 09.05.2018 - 15:21 Uhr

Fakten

Plattform

PC

Publisher

Obsidian Entertainment

Entwickler

Obsidian Entertainment

Release

08.05 2018

Genre

Rollenspiel

Typ

Vollversion

Pegi

16

Webseite

Preis

45,99 Euro

Media (14)

Neues Abenteuer

Große Publisher reden noch immer davon, dass das Singleplayer-Genre ohne Lootboxen tot sei? „Hold my beer“, denkt sich Entwickler Obsidian Entertainment! Nach dem von Fans und Presse gefeierten ersten Teil, steht nun Pillars of Eternity II: Deadfire in den Startlöchern. Ob man an den Erfolg des Vorgängers anknüpfen kann? Wollten wir auch wissen, also haben wir natürlich sofort die Segel gesetzt. Kurs: Todesfeuer-Archipel!
Neue Ufer
In den vergangenen Tagen ging es wie ein Mantra durch die Redaktion: „Verrate mir nichts über den Verlauf von Deadfire, verrate mir nichts über den Verlauf von Deadfire...!“ Das liegt ganz einfach daran, dass die Fortsetzung der Pillars of Eternity-Reihe an den ersten Teil anknüpft und jeder noch einmal hektisch das Ende von Pillars of Eternity I spielen will. Wenn es euch ebenso geht, ist genau jetzt ein guter Zeitpunkt, um einfach zur nächsten Überschrift weiter zu springen. Ihr wurdet gewarnt, Wächter! Denn noch immer spielen wir den Wächter von Caed Nua, jenen mit Göttern und Seelen kommunizierenden Burgherren, den wir bereits einmal durch ein Abenteuer geleitet haben. Aber keine Sorge, wir streifen nicht erneut durch den Dyrwald. Alles beginnt an einem ganz normalen Tag, den wir auf unserer Burg verbringen, als plötzlich die Erde zu beben beginnt. Der riesige Koloss aus Adra, einem magischen Material, der unter unserer Festung im Erdreich schlummert, beginnt sich träge zu bewegen. Chaos entbrennt, Leute sterben und unsere Heimat wird vollkommen vernichtet. Wir sind davon nicht ausgenommen – sondern sterben. Und vielleicht wäre es das auch schon gewesen, hätten wir nicht so eine besondere Rolle in vergangenen Ereignissen gespielt. Statt schlicht im Jenseits zu verschwinden, sitzen wir unversehens Berath, dem Gott des Todes in Form einer schwarz gerüsteten Ritterin, gegenüber. Sie erklärt uns, dass niemand anderes als der tote Gott Eorthas von der riesigen Statue Besitz ergriffen hat! Doch nicht einmal die Götter wissen, wie es dazu gekommen ist oder was Eorthas mit seiner neu gewonnenen Existenz anstellen will. Also schicken sie einen fähigen Informanten hinaus in die Welt: Uns! Nach unserem Erwachen hängen wir auch schon an den Fersen des gigantischen Gottes, dessen Schritte ihn zielstrebig über das Meer tragen, zu einer verstreuten Ansammlung hunderter Inseln, die auch schon so genug Probleme mit Piraten, Handelsgesellschaften und unerklärlichen Ereignissen hat. Willkommen im Todesfeuer-Archipel!

Mehr und besser?

Zur See und zu Land
Aus der spätmittelalterlichen Welt des Drywalds verschlägt es uns nun also in karibische Gefilde. Und das bringt uns auch direkt zum neuesten Feature! Wir sind nämlich nicht nur Wächter, sondern jetzt auch Kapitän unseres eigenen Schiffes! Zwischen den zahlreichen Häfen des Todesfeuer-Archipels steuern wir unser Schiff über die Wellen der Weltkarte, agieren mit anderen Schiffen, wehren Piraten und Sklavenjäger ab und erkunden nach Herzenslust Inseln. Geraten wir in einen Konflikt auf hoher See, wickelt Pillars of Eternity II die Begegnung nicht auf einer Schlachtfeld-Karte sondern rundenbasiert über ein Textevent ab. Hier regulieren wir die Entfernung zum Feind, positionieren unser Schiff richtig für den Kanonenbeschuss und geben unserer Mannschaft Befehle. So ein Schiff segelt sich schließlich nicht alleine. Apropos Schiff: Das rüsten wir aus, wie einen Charakter in einem klassischen RPG. Von verschiedenen Segeln und Kanonen über den Namen bis hin zu den richtigen Einsatzstellen für unsere in Häfen angeworbenen Matrosen, alles liegt in unserer Hand. Außerdem müssen wir Vorräte managen, damit uns nicht mitten im Nirgendwo Nahrung und Kanonenkugeln ausgehen! Lassen wir das Meer einmal hinter uns und erkunden die Inseln des Archipels, macht Pillars of Eternity II da weiter, wo der erste Teil aufgehört hat. Zunächst erstellen wir unseren Charakter, wobei uns die gleichen Klassen wie im Vorgänger zur Verfügung stehen. Mit einer Gruppe von fünf Helden lösen wir dann Probleme für Reisende und Einheimische, streifen durch finstere Dungeons und erschlagen Monster an allen Ecken und Enden. Mit der Erfahrung, die wir dabei erhalten, erreichen wir höhere Charakterstufen, die Zugang zu neuen Fähigkeiten und Werteverbesserungen gewähren. Außerdem fällt immer mal wieder neue Ausrüstung für unsere Gruppe ab, damit der nächste Kampf noch eine Ecke leichter fällt. Diese werden übrigens in Echtzeit abgehandelt, können aber jederzeit pausiert werden, um das weitere Vorgehen zu planen oder zu entscheiden, welcher Charakter welchen Skill anwendet. Wollen wir nicht alles selber steuern, legen wir für unsere Gefährten ein AI-Verhalten fest. Da sich nicht alles um den Kampf dreht, manövrieren wir auch durch andere Encounter. Dabei fallen oft Skillchecks an. Haben wir den erforderlichen Schwellenwert in einer bestimmten Disziplin erreicht, bestehen wir. Sind wir nicht gut genug, kann es immerhin noch Teilerfolge geben. Pillars of Eternity II greift also wieder deutlich das Feeling gängiger P&P-Systeme auf.
So viele Quests!
Das Feeling wird in Pillars of Eternity II: Deadfire groß geschrieben. Unsere dreidimensionalen Charaktere laufen durch atemberaubende 2D-Kulissen. Egal ob im tiefsten Verlies oder einer geschäftigen Hafenstadt, hier wird uns optisch einiges geboten, auch ohne fotorealistische High-End-Grafik. Dazu kommt eine umfassende englische Vertonung mit vielen Sprechern, die ihren Charakter gut einfangen. Wer mit Englisch nicht viel anfangen kann, muss sich auf die deutschen Texte verlassen. Die haben zwar hier und da seltsame Schnitzer, zum Beispiel wenn mal ein Wort fehlt, aber machen dennoch einen guten Job uns am Geschehen teilhaben zu lassen.
Trotzdem übernimmt man noch ein paar der Kinderkrankheiten des Vorgängers. Zum Beispiel stehen wir in Events oft an vorderster Front. Sind wir ein gestandener Kämpfer, haben wir damit kein Problem. Als fragiler Magiewirker schon eher. Auch der ein oder andere UI-Aussetzer ist uns begegnet, wenn Knöpfe nicht das tun, was sie sollen oder Items an unserem Cursor kleben bleiben, obwohl wir sie nur ins Inventar ablegen wollen. Allerdings sind das rasch patchbare Probleme. Was dann noch bleibt, ist ein enorm umfangreiches RPG, das uns seine neuen Features nicht mit Gewalt aufdrängen will. Klar, Schifffahrt ist wichtig. Aber wir können problemlos Stunden damit verbringen, die Hauptquest aus den Augen zu verlieren und dutzende Nebenmissionen einer Stadt zu erledigen. Da unsere Taten Konsequenzen haben, sammeln wir nebenher noch Ruf bei den verschiedenen Fraktionen des Todesfeuer-Archipels. Unterstützen wir eine der Handelsgesellschaften und deren Interessen? Stehen wir auf der Seite der unteren Kasten? Oder werfen wir uns mit Leib und Seele in das Leben als Freibeuter? All das entscheidet, wie die Leute auf uns reagieren. Vielleicht will zum Beispiel ein Priester nicht mit uns reden, weil er gehört hat, dass wir die ganze Zeit mit den Verbrecherbossen der Slums abhängen. Es gibt also immer etwas zu tun, wobei es erfreulich ist, dass Pillars of Eternity II nicht ständig in Extreme verfällt. Nur weil wir eine Quest auf eine bestimmte Art und Weise lösen, heißt das nicht, dass nicht auch die andere Seite ihren Nutzen daraus ziehen kann.
Veteranen können übrigens ihren alten Speicherstand mit all ihren Entscheidungen direkt reinladen. Alternativ entscheiden wir uns entweder für einen vorgefertigten Spieldurchlauf des ersten Teils oder gehen im Schnelldurchlauf nochmal alle Entscheidungen durch. Trotzdem könnten Neueinsteiger ein wenig Probleme damit haben, all die Anspielungen auf den ersten Teil zu verstehen. Das liegt aber in der Natur der Sache.

Fazit & Wertung

Lars meint: Segel setzen! Deadfire am Horizont!

Zugegeben, Obsidian sind nicht die ersten Entwickler, die ihre Spielereihe mit Kanonen und Karibikflair aufmotzen. Aber sie machen es eben verdammt gut. Wir haben so viel zu entdecken, einen ganzen Laderaum an gut erzählten Quests und die passende, liebevoll erstellte Optik dazu. Tatsächlich haben wir uns mehr als einmal gefragt, wo all die Stunden hin sind, wenn wir voll im Questrausch waren. Das tröstet uns dann auch über die kleinen Schnitzer in der deutschen Textversion hinweg. Veteranen dürfen sich also auf altgewohnte Pillars of Eternity-Qualität freuen. Neulinge der Reihe werden es etwas holpriger haben, aber das nimmt dem Spiel nichts von seinem Charme. Und wer jetzt noch nicht interessiert ist, dem sei gesagt: Ein Ausrüstungsslot unseres Charakters ist für Haustiere wie Hunde und Katzen reserviert!

90%
Grafik
9
Sound
8
Bedienung
8
Spielspaß
9
Atmosphäre
9
Preis/Umfang
9
Richtig gut
  • wunderschön gestaltete Spielwelt
  • passend inszeniertes Schiffahrtssystem
  • große Auswahl an Quests
  • gute englische Synchronisation
  • P&P-Charme
Verbesserungswürdig
  • paar Schnitzer in deutscher Textausgabe
  • keine deutsche Synchronisation
  • kleinere UI-Probleme
Anforderungen
PC MINIMUM:
• Setzt 64-Bit-Prozessor und -Betriebssystem voraus
• Betriebssystem: Windows Vista 64-bit or newer
• Prozessor: Intel Core i3-2100T @ 2.50 GHz / AMD Phenom II X3 B73
• Arbeitsspeicher: 4 GB RAM
• Grafik: DirectX 11 Compatible
• Speicherplatz: 45 GB verfügbarer Speicherplatz
• Soundkarte: DirectX Compatible Sound Card
Getestet für
PC
Lars Hack Konnte Lars zuerst laufen oder den Controller einer SNES bedienen? Die Frage ist bis heute nicht sicher geklärt. Klar ist, dass er sein Herz seit damals an Videospiele verloren hat.

Kommentar schreiben