Hübsch und anstrengend
Knallquietschbunte Farben, stundenlanges Grinden an den immer gleichen Monstern und mehr Niedlichkeiten als ein Karton voller Kätzchen – so bleiben uns die meisten MMOs aus Süd-Korea für gewöhnlich in Erinnerung. Seit gut einem Monat dürfen wir in Europa den neuesten koreanischen Export, Black Desert Online, spielen. Ob es nur ein weiteres 0815-MMO aus Fernost ist, oder ob uns Black Desert Online doch mit Neuheiten überrascht, lest ihr in unserem Test.
Blitzende Schwerter, donnernde Zauber
Während alle Welt nach neuen aufregenden Settings für ihre Spiele sucht, besinnt sich Black Desert Online auf Altbekanntes: Wir starten in eine Welt, die so High-Fantasy ist, wie sie nur sein kann. Wir spielen als Menschen, Elfen oder Riesen, begegnen Zwergen, Ottermenschen und Goblins. Brechen wir dann auf, bewaffnen wir uns, je nachdem welche Klasse wir gewählt haben, mit Schwert, Bogen, Äxten oder, natürlich, Magie. So weit, so gut. Wir starten unser Abenteuer auch nicht aus reiner Wanderlust heraus. Eigentlich wissen wir gar nicht, warum wir in die Welt aufbrechen. Wir wachen in einem kleinen Dörfchen auf, haben so ziemlich all unsere Erinnerungen verloren und werden von einem kleinen, schwarzen Geist begrüßt. Nachdem uns dieser erklärt, dass wir zu den seltenen Lebewesen gehören, die ihn überhaupt registrieren, geschweige denn beherbergen können, kommt auch schon die Anweisung, doch mal loszugehen und ein paar Monster in der Nähe zu erschlagen. Warum sollte man auch nicht auf die kleine Ansammlung dunkler Energie hören? Nachdem wir der umgebenden Fauna den Garaus gemacht haben, ist uns auch schon eine der großen Stärken des Spiels aufgefallen: Es sieht verdammt gut aus! Black Desert Online hält sich an eine gedeckte Farbpalette, und die Black Desert Engine des Entwicklerstudios Pearl Abyss präsentiert uns eine grafische Qualität, an die wohl kaum eines der bisherigen MMOs herankommt. Das spiegelt sich auch im Charaktereditor des Spiels, der nur für sich bereits zu weichen Knien in der Fangemeinschaft geführt hat, mit dutzenden Reglern für jede Partie des Gesichts und des Körpers und einer beeindruckenden Palette an Möglichkeiten, um genau den Charakter zu erschaffen, den man schon immer haben wollte. Mit unserem optimal-erstellten Alter-Ego hacken wir uns schließlich durch die Welt, bringen Kämpfe blutüberströmt hinter uns und erfreuen uns hoffentlich an den blitzenden Kampfeffekten. Denn Black Desert Online ist kein Spiel für Epileptiker. Unsere Schwerter gleißen mit jedem Schlag, als hätten wir Feuerwerkskörper daran angebracht, und mit Magie entfesseln wir jedes Mal kleine Weltuntergänge. Kommen mehrere Spieler zusammen wird das Ganze zugegeben etwas unübersichtlich, aber dafür umso beeindruckender. Dabei brauchen wir unsere Schnellleiste kaum. Wir schlagen mit der linken Maustaste, und können eine ganze Menge Combos nur mit den richtigen Tastendrücken auslösen.
Schlag auf Schlag auf Schlag
Weil uns unser kleiner schwarzer Geisterfreund immer wieder dazu anstachelt, irgendwelche Monster zu erschlagen, und auch reichlich Questgeber wollen, dass wir ihre Probleme lösen, kommen wir um den Kampf nicht herum. Auch weil Kampf später unser einziger Weg ist, weiter im Level aufzusteigen. Es läuft eben doch auf Grind hinaus, Quests geben uns später nur noch Erfahrung um unsere Skills weiter zu verbessern. Denn Black Desert Online ist ein Spiel vieler Zahlen. Skillpunkte leveln wir mit einem eigenen Erfahrungsbalken, Arbeitspunkte und
Beitragspunkte, auf die wir später eingehen, erhalten wir hauptsächlich durch Quests. Außerdem haben wir natürlich eine ganze Reihe an Handwerksberufen, die wir leveln können. Worauf wir hinauswollen: Black Desert Online gibt uns sehr schnell, sehr viele Möglichkeiten, läuft aber ebenso rasch Gefahr, den unvorbereiteten Anfänger damit absolut zu erschlagen, trotz reichlich Erklärungsquests. Das gefällt den einen, missfällt den anderen, und ist dann wohl eine Frage des Geschmacks. Klassen sind nicht nur an ein Geschlecht, sondern auch an eine Rasse gebunden, was besonders westlichen Spielern sauer aufstößt. Der Berserker kann nur von männlichen Riesen gespielt werden, Waldläufer sind immer weibliche Elfen und der handelsübliche Krieger ist ein männlicher Mensch. Allgemein kann man Black Desert Online eine gewisse Sperrigkeit nicht absprechen. Keine Frage, es funktioniert, allein schon deswegen, weil das Spiel schon vor zwei Jahren in Korea veröffentlicht wurde. Genug Zeit, um die großen Probleme auszumerzen, die einem auf dem Weg eventuell begegnen könnten. Trotzdem ist die Lokalisation für westliche Spieler frisch, und man braucht ganz einfach Lernzeit, um Black Desert Online voll auskosten zu lassen.
Die größten Kartoffeln...
… erntet in Black Desert der effizienteste Bauer. Kein Test für Black Desert Online wäre komplett, ohne einen Blick auf das Arbeiter-System. Denn das hebt es einfach von vielen anderen MMOs ab! Spieler des ebenfalls aus Korea stammenden ArcheAge dürften bereits mit der Idee, eine Wirtschaftssimulation in ein MMO einzubetten, vertraut sein. Doch mussten wir damals noch selbst jeden Handschlag tätigen, so bietet uns Black Desert Online die Möglichkeit (und die Notwendigkeit) Arbeiter einzustellen um bestimmte Arbeiten zu erledigen. Eng verbunden damit ist das Knoten-System. Schauen wir auf unsere Weltkarte, so sehen wir, dass alle Ortschaften untereinander über mehrere Knoten verbunden sind, die wiederum mit anderen Wegmarken vernetzt sind. In Ortschaften mieten wir Häuser für unser Housing und unsere Betriebe, in Ressourcenknoten können wir unterschiedliche Rohstoffe abbauen – je nachdem ob der Knoten zum Beispiel eine Mine, eine Farm oder ein Obsthain ist. Mit Beitragspunkten, die wir durch Entdeckungen in der Welt oder Quests freischalten, können wir dann Verbindungen zwischen
Ortschaften oder eben jenen Ressourcenfelder erschließen, um anschließend vorher rekrutierte NPC-Mitarbeiter an die Arbeit zu setzen. Ein simples Beispiel dieses Systems: Wir können einen unserer Arbeiter auf eine Farm setzen, damit er uns Kartoffeln sammelt. Diese Arbeit benötigt eine bestimmte Zeit und verbraucht etwas Ausdauer unseres Arbeiters. Mit diesen Kartoffeln können wir dann als Spieler eine Kochstation benutzen, um daraus Bier zu machen. Dieses benutzen wir schließlich, um die Ausdauer eines anderen Arbeiters wieder aufzufüllen, damit er uns in der nahe gelegenen Mine Eisenerz abbaut. Black Desert Online weiß, dass es exakt dieses System ist, das Spieler anlockt, und führt uns mit genügend Quests in die Welt der Produktion ein. Um unseren Arbeitern Aufgaben zu erteilen benötigen wir keine Arbeitspunkte, wohl aber, wenn wir selbst etwas craften oder abbauen wollen. Davon regenerieren wir alle paar Minuten einen und erhöhen unseren maximalen Pool durch questen.
So viel. Zu viel?
Dabei bekommt man manchmal das Gefühl, dass man gar nicht alles machen kann, was einem Black Desert Online anbieten will. Haben wir kein Interesse am Handwerk, so benutzen wir unsere Arbeitspunkte eben für etwas anderes. Zum Beispiel für hunderte NPC-Dialoge, von denen wir immer etwas über die Welt und die Lore dahinter erfahren können. Denn ja, Wissen selbst ist eine Profession, der wir in Black Desert Online nachgehen können, und lernen dabei eben tausend kleine Einzelheiten über Produktionsverfahren, Völkerverständigung, politische Situationen und mehr. Brauchen wir eine Pause, dann rattern wir eben mit unserem Karren über die Straßen der Welt, und handeln Güter von Ort zu Ort, je nachdem, wie die Nachfrage gerade steht. Und haben wir dann einmal Level 50 erreicht, stehen uns auch alle Tore des PvP offen, dazu Gildenkriege, in denen sich Spielergemeinschaften um die Herrschaft über Festungen streiten dürfen. Dann kommen die feineren Nuancen zu Tage – Lust auf das große Geld mit viel Risiko? Vielleicht investiert man dann ja auch einfach in illegale Handelsgüter, schleppt diese mühsam zum nächsten Handelsknoten und hofft, nicht von anderen Spielern angegriffen zu werden! Oder wir stellen unsere Arbeiter auf den längeren Weg ein, uns ein Boot in einer Küstenstadt zu fertigen. Oder wir beginnen damit, uns unser perfektes Reittier durch Zucht heranzuziehen!
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