Fast so gut wie Teil 1
Zwei Jahre haben uns die Entwickler von Crytek auf das große Finale von Crysis warten lassen. Was uns in Teil 3 besonders gut gefallen hat und was weniger, das könnt ihr in unserem ausführlichen Review nachlesen.
Alte Bekannte
In Crysis 3 schlüpfen wir erneut in die Rolle von Prophet, der zu Beginn des Spieles aus einer Art künstlichem Koma aufgeweckt wird, und zwar von unserem Nachfolger aus Teil 2, der den Namen Psycho trägt und der sich jetzt ohne Nanosuit durch die Gegnermassen schlagen muss. Im Grunde ist das aber nur Nebensache, denn viel wichtiger ist, was wir als gerade erwachter Prophet vorfinden: ein weitgehend zerstörtes New York, in dem die schwer bewaffneten Cell-Soldaten ihr Unwesen treiben. Und dann ist da noch die Sache mit dem Alpha-Ceph, also dem Über-Außerirdischen, der zumindest anfangs noch eine unklare Rolle spielt. Hört sich jetzt alles ziemlich verwirrend an, vor allem für Crysis-Anfänger, doch im Grunde erzählt das Spiel nur eine banale SiFi-Story.
Kampfansage
In der gerade einmal sechs Stunden langen Kampagne kämpfen wir uns bei Sturm, Regen und Nacht über Hafenanlagen und dann durch triste Fabrikhallen. Im späteren Verlauf dürfen wir dann aber auch das sonnige New York und seine üppige Vegetation unsicher machen. Die meisten Umgebungen von Crysis 3 sind weniger offen als im ersten Crysis, aber weniger schlauchartig als in Teil 2.
Natürlich dürfen wir auch in Crysis 3 auf die Spezialfähigkeiten des Nanosuits zurückgreifen. Auf Knopfdruck erhalten wir erweiterte Sprint- und Sprungfähigkeiten und können uns für kurze Zeit nahezu unsichtbar machen oder besonders starke Schutzschilde aktivieren, sind dann aber deutlich langsamer als sonst. Dazu kommt die Nanovision, mit der wir Gegner anhand ihrer Wärmesignatur erkennen. Außerdem können wir Gegner markieren und Selbstschussanlagen mit Hilfe eines simplen Geschicklichkeitsspiels so hacken, dass sie unsere Gegner ins Visier nehmen und nicht uns.
Waffen und Upgrades
Anstatt wie in Crysis 2 den armen Ceph die Upgrades aus dem Körper zu reißen, findet man diese nun in blauen Kisten. Über ein übersichtliches Auswahlmenü kreiert man dann drei Nanosuit-Loadouts mit jeweils vier Upgrades, die man bequem per Kurzbefehl anwählt. Über wenige Tastenkombinationen verwandelt man so den schleichenden Prophet in einen Vorstadt-Rambo. Das Arsenal selbst wurde um die Waffen der außerirdischen Ceph erweitert. Nach Stealth-Kills erobert man Wummen wie den X-Pac-Mörser. So cool die Alien-Knarren sind, so overbalanced sind sie auch. Selbst das Wald-und-Wiesen-Sturmgewehr der Ceph ist mächtiger als 90 Prozent der Menschenwaffen. Natürlich können die Waffen nach wie vor per Ingame-Interface aufgemotzt werden - zum Beispiel mit Visieren oder einem Schalldämpfer.
Kampf oder Stealth
Crysis 3 ist deutlich weniger schlauchiger als der Vorgängerteil aus dem Jahr 2011. Trotz vorgegebener Kontroll- und Checkpunkte entscheidet man selbst darüber, welchen Weg man geht. Außerdem hat man dank des Nanosuits weiterhin die Wahl, ob man ballert oder schleicht. Es ist möglich, ganz Abschnitte mit nur wenigen Abschüssen zu bewältigen.
KI- und Balancing-Mängel
Ähnlich wie in Crysis 2 kämpft man auch im dritten Teil zunächst größtenteils gegen Cell-Soldaten, ehe die außerirdischen Ceph das Ruder übernehmen. Das Gegnerverhalten ist dabei allerdings immer wieder fehlerhaft: Mal bleiben die Burschen an Objekten hängen. Wundern sich dümmlich, warum der Kollege plötzlich umgefallen ist. Mal aber sehen sie Prophet durch Wände und reagieren sofort, sobald ihr die Tarnung ausschaltet.
Ein weiteres Problem von Crysis 3: In der Kombination Tarnmodus und Bogen (ebenfalls eine neue Waffe in dem Shooter) ist man so gut wie unbesiegbar. Jeder Treffer mit dem archaischen Kriegsgerät bedeutet gleichzeitig einen Abschuss. Pfeile sind zwar knapp, können aber wieder eingesammelt werden. Wer nicht allzu wild herumballert, kommt nie in Probleme. Die verfügbaren Geschützköpfe sind absolut unnötig. Der Standard-Pfeil erfüllt seinen Zweck. Aufgrund dieser Balancing-Probleme sind selbst Bosskämpfe lächerlich einfach.
Technik
Crysis 3 basiert auf der Cry Engine 3 von Crytek und die Grafik macht einen klasse Eindruck. Die Licht- und Schatteneffekte, die im Wind wehenden Pflanzen, die teils schön großen Umgebungen, die knackigen Texturen und stimmungsvollen Nebel- und
Partikeleffekte gehören zumindest auf dem PC mit zum Besten, was derzeit technisch möglich ist. Darüber hinaus faszinieren die realistischen Gesichter. Doch diese Grafikpracht hat ihren Preis: Für ein halbwegs flüssiges Spielerlebnis bei hohen Details sollte man mindestens eine Vierkern-Prozessor, sechs Gigabyte Arbeitsspeicher und eine moderne Grafikkarte vom Schlag GeForce GTX 670 sein Eigen nennen. Beim Sound bekommt man stimmige Hintergrundmusik und passende Umgebungsgeräusche geboten. Lediglich die deutsche Vertonung wirkt stellenweise arg aufgesetzt.
Multiplayer
Crysis 3 bietet zwar bekannte Spielmodi wie King of the Hill oder die ewige Jagd nach der Flagge, aber diese verblassen gegen den Hunter Mode. Dieser beginnt stets mit zwei Spielern auf einer Seite, die sich in optimierten Nano-Suits, permanent getarnt und nur mit dem Predator-Bogen ausgerüstet, gegen vierzehn andere Spieler (10 auf der Konsole) behaupten müssen, welche die Soldaten der C.E.L.L Corporation verkörpern. Zu Beginn noch stark in der Unterzahl, können sich die Nano-Suit-Träger schnell einen Vorteil erspielen, indem sie ihre Feinde nach und nach einzeln ausschalten. Jeder besiegte C.E.L.L-Soldat steht als Jäger wieder auf, so dass die Jäger irgendwann die Oberhand gewinnen. Dazu kommt ein durchdachtes Klassensystem, Levelaufstiege und Freischaltereien. Kurz gesagt: Der Multiplayer kann durchaus für einige Zusatzstunden unterhalten.
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