The Suicide of Rachel Foster - Test/Review
Ein altes Hotel, ein Schneesturm, der die Außenwelt unerreichbar macht, und viel, zu viel Platz für Gedanken, Eindrücke und die eigene Vorstellungskraft – das sind die Zutate für One O One Games neues Spiel: The Suicide of Rachel Foster. Wir sind den weiten Weg in die verschneiten Berge des US-Bundesstaates Montana angetreten und haben eingecheckt.
Von Lars Hack am 02.03.2020 - 05:58 Uhr

Fakten

Plattform

PC

Publisher

Daedalic Entertainment

Entwickler

ONE-O-ONE GAMES

Release

19.02 2020

Genre

Adventure

Typ

Vollversion

Pegi

16

Webseite

Preis

16,99 Euro

Media (6)

Mörderisch

Ein altes Hotel, ein Schneesturm, der die Außenwelt unerreichbar macht, und viel, zu viel Platz für Gedanken, Eindrücke und die eigene Vorstellungskraft – das sind die Zutate für One O One Games neues Spiel: The Suicide of Rachel Foster. Wir sind den weiten Weg in die verschneiten Berge des US-Bundesstaates Montana angetreten und haben eingecheckt.
Aber bevor wir beginnen: Wie der Name des Spiels andeutet, werden in The Suicide of Rachel Foster durchaus ernste und schwerwiegende Themen wie Suizid angesprochen. Wie jedes Medium können auch Videospiele, die sich mit solchen Themen beschäftigen, bestehende Gedanken verstärken. Solltet Ihr in einer schwierigen Phase sein, gibt es immer Hilfe für Euch, egal ob Ihr in Deutschland (https://www.telefonseelsorge.de/), Österreich (https://www.telefonseelsorge.at/) oder der Schweiz (https://www.143.ch/) lebt.
Here’s Nicole!
Wir brauchen aber keine Axt um ins Timberline Hotel zu gelangen, denn wir haben einen Schlüssel. Schließlich gehört es uns, nach dem Ableben unseres Vaters. Eigentlich haben wir nicht gedacht, jemals wieder in dieses Hotel zurückkehren. Als wir 16 waren und die Affäre unseres Vaters mit einem ebenso alten Mädchen aus dem Ort aufflog, verließ unsere Mutter mit uns, Nicole, den Ort. Manchmal ist es besser, die Vergangenheit ruhen zu lassen, außer, wir wollen das mit schlechten Erinnerungen behängte Erbe veräußern. Denn dafür müssen wir einen letzten Rundgang durch die knarzenden, winddurchwehten Hallen des Timberlines unternehmen… Und werden prompt von einem Schneesturm eingeschlossen, fernab der Zivilisation. Rückkehr ins Tal? Lebensgefährlich. Nur zwei Umstände machen unseren Aufenthalt im Hotel erträglich: eine schier unglaubliche Menge an Bohnengerichten in Dosen und die Stimme von Irving, seines Zeichens FEMA-Agent (sowas wie der stattliche Katastrophenschutz). Zuständig für die Region bleibt er das Spiel hindurch am Telefon mit uns, beruhigt uns und teilt sein Wissen um den Ort mit uns, den er scheinbar bereits seit Jahren betreut und mit Vorräten versorgt. Derart versorgt bleibt uns nichts anderes übrig, als im Hotel auszuharren, in unserem alten Zimmer, das wir genau so vorfinden, wie wir es vor zehn Jahren... Moment. Was war das? War da ein Geräusch im Nachbarraum? Bestimmt nur ein Windstoß durch ein undichtes Zimmer. Und mit Sicherheit deuten auch die seltsamen Notizen unseres verstorbenen Vaters nicht auf ein merkwürdiges Geheimnis im Hotel hin. Mit Sicherheit nicht.
Nicole, ick hör dir trapsen
Nicht, weil sie sonderlich schwerfällig ist, sondern weil das Gebäude einfach so alt ist! Unser verstorbener Vater hat sich, bedingt durch finanzielle Probleme, kaum noch um das Hotel kümmern können. Nun schlagen die Fensterläden im Wind, Treppenstufen knarzen unter den leichtesten Schritten und die Wände ächzen und stöhnen unter dem Gewicht der Jahrzehnte. Das alles wäre kein Problem, wenn es normaler Alltag wäre. Aber erinnert ihr euch an die erste Nacht in eurer ersten eigenen Wohnung? Wenn jedes Geräusch unvertraut und merkwürdig war? Jetzt nehmt das mal ein paar Dutzend Räume, dunkle Gänge, einen heulenden Sturm und die Andeutung, dass hinter der Fassade des Gebäudes mehr lauert, als nur ein altersschwaches Hotel. Ohne Jumpscares setzt The Suicide of Rachel Foster stark auf eine bedrückende Atmosphäre und schafft es dabei sogar oft, auf allzu unrealistische Geräusche zu verzichten. So laufen wir durch das gesamte Hotel und gehen einfachen Geh-von-A-nach-B-Missionen nach. Mal organisieren wir Essen in der Küche, mal kümmern wir uns um den schlappmachenden Generator. Wirklich kniffelige Aufgaben gibt es dabei nicht zu bewältigen und die Hilfsmittel, die wir während unserer Reise aufgabeln (zum Beispiel eine Taschenlampe mit Drück-Dynamo), sind auch mehr nettes Beiwerk als wirklich gamechanging Devices. Wir laufen und erkunden – dafür ist das Timberline Hotel aber perfekt geeignet. Muss der Wind gewesen sein
Ist The Suicide of Rachel Foster also nur ein Laufsimulator? Irgendwie schon. Aber er macht auf dem Weg vieles richtig. Die (rein englische) Vertonung von Nicole und Irving ist professionell, auch wenn es zumindest bei mir eine gute Stunde dauerte, bis ich Nicoles arg sarkastische und passiv-aggressive Art zu mögen lernte. Der wirklich beste Part des Spiels ist aber in der Tat die Location selbst – das Timberline Hotel ist weder ein ferner Alienplanet, noch die Festung eines dunklen Lords oder ein monsterverseuchter Dungeon. Es ist ein Hotel. Ein verlassenes, zugegeben, aber es ist einfach nur ein Haus. Mit so vielen Details, so vielen Orten, so viel zum Entdecken, auch wenn es nur die Abnutzungserscheinungen der letzten Jahre sind. Auche ohne viel Action ist es lange her, dass ich die Location eines Spiels so mochte. Trotzdem hakt es hier und da. Je nachdem, wie lange wir die Gänge des Hauses erkunden wollen, beschäftigt uns The Suicide of Rachel Foster gerade einmal drei bis vier Stunden. Auch an Nicoles langsames Gehen habe ich mich irgendwie nicht gewöhnen können. Klar, sie rennt nicht vor irgendetwas davon, aber muss sie wirklich SO langsam sein? Gepaart mit den ab und an ungenauen Zielvorgaben legt man die ein oder andere Wegstrecke doppelt zurück. Was man nicht als Zielvorgabe hat, hat man eben in den Beinen.

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