Wolfenstein: The New Order - Test/Review
1992 hat ein Spiel namens „Wolfenstein 3D” im Alleingang das Genre „Ego-Shooter” eingeführt.
Von Christoph Miklos am 24.05.2014 - 20:44 Uhr

Fakten

Plattformen

PlayStation 4

Xbox One

Xbox 360

PlayStation 3

PC

Publisher

Bethesda Softworks

Entwickler

MachineGames

Release

20.05 2014

Genre

Shooter

Typ

Vollversion

Pegi

18+

Webseite

Preis

ab 49,90 Euro

Media (23)

Oldskool und Neues

1992 hat ein Spiel namens „Wolfenstein 3D” im Alleingang das Genre „Ego-Shooter” eingeführt. Über 20 Jahre später läutet der neueste Ableger der Wolfenstein-Saga buchstäblich eine neue Zeitrechnung ein. Wie im Klassiker von einst, tritt auch hier US-Soldat B.J. Blazkowicz den Kampf für Freiheit und Gerechtigkeit an. Seine Gegner: Der wahnsinnige Wissenschaftler Wilhelm „Totenkopf” Strasse und dessen Nazi-Soldaten, die allerdings in europäischen Versionen des Games nur das „Regime” genannt werden. Hakenkreuze hat man in hierzulande erhältlichen Versionen übrigens allesamt entfernt, obwohl die restliche Optik immer noch eine sehr klare Sprache spricht. Was wir von dem neuen Wolfenstein halten, könnt ihr in unserem ausführlichen Testbericht nachtlesen.
Story
In Wolfenstein: The New Order haben es die Nazis geschafft, mit Atombomben die Herrschaft über die Welt an sich zu reißen und ein Schreckensregime aufzubauen. Unser Held B.J. konnte trotz starker Gegenwehr nichts an dieser Situation ändern, denn bei einem Fluchtversuch wird er durch ein Schrapnell, das bei einer Explosion in seinen Kopf gedrungen ist für 14 Jahre außer Gefecht gesetzt. Das eigentliche Spiel ist in den 1960er Jahren angesiedelt - in denen Totenkopfsoldaten und riesige Kampfroboter auf den Straßen unterwegs sind. Unser Abenteuer beginnt in Polen, wo wir von der hübschen Pflegerin Anya betreut werden. Bei einer „Säuberungsaktion“ werden nicht nur die Eltern unserer großen Liebe getötet, sondern wir erwachen auch aus unserem „Schlaf“. Wenige Minuten später ballern wir in bester Wolfenstein-Manier zahlreiche Regime-Soldaten nieder. Aber: Immer wieder weicht die an sich stumpfe Ballerei nachdenklichen, fast poetischen Momenten, die hinter die Gefühlsfassade Blazkowicz' blicken lassen. Denn unter der harten Schale steckt ein weicher Kern, der sich nach einem trauten Heim und einer Familie sehnt. Die Liebe nimmt daher, für einen Ego-Shooter eher ungewöhnlich, neben der Kritik an den perversen Auswüchsen des Krieges und seiner Schrecken in den zahlreichen Zwischensequenzen des Spiels eine zentrale Rolle ein. Auch die zahlreichen Nebencharaktere wirken glaubhaft und wachsen einem sogar richtig ans Herz (zum Beispiel der geistig behinderte Max Hass). Oldskool-Fans brauchen aber keine Angst haben: Die Action steht nach wie vor im Mittelpunkt.
Gewohnte Ballerkost
Die Entwickler von Machine Games haben spürbar viel Wert darauf gelegt, die Feuergefechte abwechslungsreich zu inszenieren. So treten wir in einer alten Festung in engen Gängen Mann gegen Mann an, eine halbe Stunde später klettern wir mit einem Seil an einer Steilwand in die Höhe und schießen dabei auf Gegner hinter Fenstergittern, um uns oben einen längeren Kampf mit einem cybernautisch optimierten Supersoldaten zu liefern. Darüber hinaus gibt es auch zahlreiche Levelabschnitte, in denen wir nur schleichen sollten, um keinen Alarm auszulösen - was deutlich mehr Gegner herbeirufen würde, als wir ohne echte Probleme bewältigen könnten. Den Schwierigkeitsgrad (fünf Stufen) dürfen wir übrigens jederzeit während der Kampagne ändern. Was auch gut ist, denn vor allem die letzten drei Missionen fordern einiges vom Spieler ab. Das liegt auch daran, dass die KI der Gegner recht gut ausgefallen ist. Trotz einiger Aussetzer springen die Gegner immer wieder glaubwürdig in Deckung, wagen sich dann vorsichtig hervor und feuern ein paar Schüsse ab. Ebenfalls ungewohnt für die Call-of-Duty-Generation: Es gibt kein automatisches Heilungssystem. Während der knapp zwölfstündigen Kampagne muss man also stets nach Medikits und Rüstungsteilen Ausschau halten, damit man nicht versehentlich ins digitale Gras beißt. Immerhin: 20 Lebenspunkte regeneriert man außerhalb des Kampfes immer automatisch. Direkt nach dem Feuergefecht ist das Schlachtfeld mit feindlichen Waffen- und Munitionsresten sowie mit Rüstung und anderen Extras übersät. Nervig: Diese Gegenstände müssen wir einzeln per Tastendruck aufsammeln. Das mag minimale taktische Vorteile bieten, etwa wenn wir uns ein Gesundheitspack für den übernächsten Kampf aufsparen. Unterm Strich finden wir dieses Element aber auf Dauer störend - wir würden lieber zumindest alternativ einfach alles durch simples Darüberlaufen in unser Inventar befördern.
Waffen und Upgrades
Das Waffenarsenal von Wolfenstein: The New Order umfasst Klassiker wie zum Beispiel Pistolen, Maschinengewehre oder Schrotflinten. Auf Wunsch können wir diese auch im Akimbo-Stil nutzen. Ein Werkezeug ist allerdings stets mit von der Partie: der Laserschneider. Mit diesem praktischen Gadget kann sich Blazkowicz beispielsweise durch verschlossene Türen und Lüftungsschachteingänge schweißen, um an Munition, Rüstungsteile oder Sammelgegenstände zu gelangen. Oder er macht davon Gebrauch, um kleinere Puzzles zu lösen. Für zusätzliche Abwechslung sorgt das Setting: Neben den klassischen Regime-Hochburgen aus Beton und Stahl wartet das Spiel mit einer Vielzahl origineller Schauplätze sowohl auf als auch über und unter Lande auf. Ebenfalls sehr gut implementiert wurden die zahlreichen Fähigkeiten - in Wolfenstein auch „Vorteile“ genannt -, die wir durch erfüllte Aufgaben freischalten. An Späher 2 gelangen wir etwa, wenn wir fünf Kommandanten durch einen Überraschungsangriff von hinten töten. Weitere Vorteile sind größere Magazine für Waffen oder kürzere Nachladezeiten. Das System hat keine extremen Auswirkungen, motiviert aber zusätzlich ein bisschen, mit Waffen und anderen Systemen zu experimentieren.

Technik
Wolfenstein: The New Order setzt auf die knapp drei Jahre alte id Tech 5 Engine, die man bereits in RAGE zu Gesicht bekommen hat. Herausragendes Merkmal des Grafikgerüstes sind die Megatexturen - was bedeutet, dass beinahe jedes noch so kleine Polygon mit einer individuellen Tapete verkleidet werden kann. Alle diese Texturen ergeben die besagte Megatextur. In der Praxis führt das aber dazu, dass ständig Texturen nachgeladen werden. Darüber hinaus trüben gelegentliche Leistungseinbrüche und matschige Umgebungstexturen den Gesamteindruck sehr. Für die Engine sprechen die flüssigen Animationen, hübschen Lichteffekte und natürlich die detaillierten Charaktere. Leider können diese positiven Aspekte nicht darüber hinwegtäuschen, dass vor allem Technik-Liebhaber ein langes Gesicht ziehen werden. Ebenfalls sehr schade: Auf einen Multiplayer-Modus wurde verzichtet.
Zensur und Sprache
In Deutschland und Österreich veröffentlicht Publisher Bethesda das Spiel in einer angepassten Version, in der alle Hakenkreuze durch unproblematische Symbole und Grafiken ersetzt wurden. An dieser Stelle gleich der Hinweis: Nicht der Publisher ist an dieser Situation schuld, sondern die Politik, welche Spiele nach wie vor nicht als Kulturgut ansieht. Sonstige Inhalte hat Bethesda nicht entfernt oder geändert - das Spiel enthält auch in der deutschen Version einige sehr brutale Szenen. Hierzulande erscheint der Titel vollständig übersetzt, die deutsche Sprachausgabe überzeugt auf der ganzen Linie. Auch der Soundtrack wurde stimmig auf das Szenario angepasst.

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